Ich bin da - auch wenn ich nicht da bin

 

In Deutschland wurden im Jahr 2021 laut dem Statistischen Bundesamt allein in den Monaten Januar bis August rund 524 000 Kinder lebend geboren (Vgl. Statistisches Bundesamt 2021). Nutricia milupa veröffentlichte am 19. Januar dieses Jahres die Geburtenliste von 2021 mit insgesamt rund 765 700 Geburten (Vgl. Dach 2022). Das Statistische Bundesamt spricht von lebend Geborenen. Aber was ist mit den Kindern, die nicht lebend geboren werden? Was ist mit den Kindern, die während, vor oder kurz nach der Geburt sterben? Sind sie es nicht wert, auf den Listen mit aufgeführt oder erwähnt zu werden? Vor dem 15. Mai 2013 war es Eltern aufgrund des Personenstandsgesetzes nicht möglich, ihr Kind mit einem Gewicht von unter 500g beim Standesamt registrieren zu lassen. Die Kinder wurden als Fehlgeburt bezeichnet und galten juristisch als nicht-existent (Vgl. Trauer.de). Was bedeutet das für die Eltern? Eine Frage, die niemand beantworten kann und vermutlich auch niemand beantworten will. Der Verlust eines Kindes, egal in welchem Stadium der Schwangerschaft, ist ein unfassbar trauriges und für Außenstehende nicht nachvollziehbares, einschneidendes Ereignis im Leben der Eltern. Aber wie reagiert man als Angehörige/r, Freund/in oder Bekannte/r auf die Geburt eines so genannten Sternenkindes? Wie gehen die Eltern mit dem Verlust ihres Kindes um?

 

Aufgrund vieler verschiedener anonymer Erfahrungsberichte in den Sozialen Medien und die persönliche Konfrontation mit Sternenkindern in meiner Verwandtschaft und Bekanntschaft, ist mir bewusst geworden, dass viele Sternenkind-Eltern ihr Kind mit dem Auftreten verschiedener Naturereignisse verbinden. Ich habe daher ein Gedicht aus der Sicht des Sternenkindes in Verbindung mit der Natur für seine/ihre Eltern geschrieben und es durch eine Zeichnung auf Leinwand visualisiert. Die Inspiration für meine Werke stammt folglich aus Erfahrungsberichten, Erzählungen und meinem persönlichen Interesse am Thema Sternenkinder.

 

 

Mama, Papa – mir geht’s gut

Ich sende euch von oben Mut.

Steht nicht nur weinend an meinem Grab,

ich weiß, ihr seid unheimlich stark.

 

Auch wenn ihr es nicht direkt seht,

bin immer da, wo ihr auch geht.

Ganz tief drin in eurem Herzen,

im Leuchten aller schönen Kerzen.

 

 

Der Wind, der durch die Äste weht,

damit ihr mich im Sturme seht.

Denkt dran nach jedem Regentag

Folgt stets ein schöner, neuer Start.

 

Auch an den schönen, neuen Tagen

Braucht ihr nicht nach mir nachzufragen.

Schaut aus dem Fenster raus und seht:

Die Sonne scheint – das Dunkel geht.

 

Auch wenn die Sonne draußen scheint,

Ist Regen ab und an nicht weit.

Nun kommt ein großer Regenbogen,

Zeit für mich drauf herumzutoben.

 

Nun ist euch – hoff‘ ich – klar geworden,

ihr braucht euch nicht um mich zu sorgen.

Ich schaue euch von oben zu,

und hoff‘ ihr kommt jetzt auch zur Ruh‘.

 

Schaut euch nun draußen stetig um,

Ich bringe täglich neuen Schwung.

Egal, ob Regen, Sonne, Wind,

 

Ich bin bei euch – das Sternenkind.

 

 

Luisa, empfindsam


08.03.2022